Die Flaute an den globalen Aktienmärkten im vergangenen Jahr hat fast allen Vermögensverwaltern deutlich zugesetzt und zwingt sie zu Sparmassnahmen. Das zeigt die aktuelle Studie «Cost and growth in Asset Management» von Strategy&, der globalen Strategieberatung von PwC. Die verwalteten Vermögen (Assets under Management, AuM) sanken 2022 demnach im weltweiten Schnitt um 11%. Der Umsatz ging zudem um 15% zurück, die Gewinne schrumpften um 16%. Zugleich stiegen die Kosten der Vermögensverwalter getrieben durch Lohndruck, regulatorische Anforderungen sowie Investitionen in Zukunftstechnologien an. Wichtige Kennzahlen wie das Aufwand-Ertrags-Verhältnis (Cost Income Ratio, CIR) oder die durchschnittlichen operativen Kosten pro Vermögenswert (OpEx pro AuM) verschlechterten sich entsprechend. So stieg die durchschnittliche CIR von 62% im Jahr 2021 auf 66% im vergangenen Jahr an, die durchschnittlichen operativen Ausgaben pro Vermögenswert erhöhten sich von 30 bps auf 33 bps. Besonders besorgniserregend: Obwohl sich der Aktienmarkt im ersten Quartal 2023 erholte und die verwalteten Vermögen sowie Umsätze der Vermögensverwalter wieder stiegen, gingen ihre Gewinne weiter zurück.
Branche auf Sparkurs
In dem insgesamt schwierigen und durch hohe Zinsen sowie geopolitische Unsicherheiten geprägten Marktumfeld des vergangenen Jahres erzielten kleine und mittelgrosse Vermögensverwalter die besten Ergebnisse. Die erfolgreichsten Firmen verfolgten dabei entweder aktiv gemanagte Anlagestrategien, die denen von Private-Equity-Firmen ähneln, oder setzten auf möglichst breite Investments auf Basis von ETFs. Zudem konnten sich alternative Vermögensverwalter vom Durchschnitt absetzen. Im internationalen Vergleich bauten die grossen US-Vermögensverwalter auch im schlechtesten Börsenjahr seit 2008 ihre Dominanz gegenüber der europäischen Konkurrenz aus. Zwischen 2016 und 2022 konnten sie ihre verwalteten Vermögen im Schnitt um 56% erhöhen, während die europäischen Asset Manager auf lediglich 36% Wachstum kamen. Allein die drei grössten globalen Vermögensverwalter Black Rock, Vanguard und Fidelity verwalteten im Jahr 2022 über 19 Billionen Euro – fast fünf Mal so viel wie das deutsche BIP.
«Nach den Boomjahren von 2019 bis 2021 beobachten wir derzeit eine angeschlagene und im Wandel begriffene Branche, die sich erst einmal neu orientieren muss. Dabei greifen viele Asset Manager schon jetzt auf Sparmassnahmen zurück, wie wir sie üblicherweise in Baisse-Phasen sehen, etwa Personalrückbau oder Outsourcing», sagt Dr. Philipp Wackerbeck, Co-Studienautor sowie Partner und Global Head of Financial Services bei Strategy&. «Neben diesem klassischen Repertoire bieten sich allerdings eine ganze Reihe weiterer Optionen an, die Vermögensverwalter jetzt in Betracht ziehen sollten. Potential sehen wir etwa in der Straffung des Dienstleistungs- und Produktportfolios, in der Verschlankung von IT-Strukturen sowie in der Senkung der Immobilienkosten durch hybride Arbeitsmodelle. In Zukunft wird ausserdem generative KI eine immer wichtigere Rolle spielen und enorme Effizienzpotentiale ermöglichen.»
Bis zu 15% weniger Kosten durch KI
Der Einsatz von generativer KI könnte die Kosten der Vermögensverwalter mittelfristig zwischen 5% und 15% senken. Bezogen auf die Schweizer Vermögensverwalter wären das zwischen 330 Mio. und 1,46 Mrd. Schweizer Franken pro Jahr. Die grössten Potentiale liegen dabei in den Bereichen Sales und Operations, in denen jeweils Effizienzgewinne von 10% bis 15% möglich sind. Für die Bereiche Portfolio Management und Business Management beziffert die Studie die Einsparmöglichkeiten auf 5% bis 10%. In der IT liegt die Bandbreite möglicher Kostenreduktionen zwischen 5% und 15%. Die Analyse zeigt auch, dass viele Vermögensverwalter bereits heute erfolgreich generative KI einsetzen, etwa um aus Kundendaten personalisierte Investitionsempfehlungen abzuleiten, mithilfe von Chatbots Beratungsleistungen anzubieten oder durch die Auswertung grosser Mengen von Medienartikeln und Social Media Postings Marktdynamiken zu prognostizieren.
«Wer sich derzeit im Markt umhört, merkt schnell, dass generative KI nicht bloss ein Hype ist, sondern die Branche grundlegend verändert wird und dabei enorme Effizienzen freilegen kann. Gleichzeitig kristallisiert sich heraus, dass generative KI in nächster Zeit nur im Zusammenspiel mit dem Menschen funktionieren kann, allein schon aus Gründen der Transparenz und wegen Compliance-Richtlinien, aber auch weil die KI derzeit noch zu fehleranfällig ist», sagt Dr. Utz Helmuth, Co-Studienautor und Managing Director bei Strategy& Schweiz. «Um die vorhandenen Potentiale von KI zu heben, kommt es in Zukunft vor allem darauf an, sie sinnvoll in die Organisationsstruktur zu integrieren, regulatorische Fragen zu berücksichtigen und die Mitarbeiter:innen weiterzubilden. Ausserdem braucht es die notwendige Cloud-Infrastruktur sowie eine hohe Datenqualität. Wer diese Punkte jetzt angeht, kann sofort Quick Wins realisieren und hat für die Zukunft einen enormen Hebel, um auch in schwierigen Zeiten wie aktuell gegen den Wettbewerb zu bestehen.»