Der weltweite Hochlauf der Elektromobilität hält ungebrochen an und führt auch in der Schweiz zu steigenden E-Auto-Absätzen. Das zeigt der «Electric Vehicle Sales Review» von PwC Autofacts® und Strategy&, der globalen Strategieberatung von PwC, in dem die Neuzulassungszahlen in weltweit 20 ausgewählten Märkten ausgewertet werden. Der globale E-Auto-Markt legte demnach im ersten Quartal 2024 um 19% im Vergleich zum Vorjahresquartal zu. Damit wuchs er deutlich stärker als der Gesamtmarkt, der ein Plus von 4% verzeichnen konnte. Durch das anhaltende Wachstum erzielten sowohl reinelektrische Fahrzeuge (Battery Electric Vehicle, BEV) als auch Plug-in-Hybride (Plug-in Hybrid Electric Vehicle, PHEV) Rekordwerte bei der Marktdurchdringung für das erste Quartal. Laut Studie lag der globale Marktanteil von BEVs bei 12%, PHEVs kamen auf 7%. Während die Elektrotransformation zuletzt vor allem von BEVs getrieben wurde, erleben nun PHEVs und Hybride einen zweiten Frühling. Im ersten Quartal 2024 zogen sie mit globalen Wachstumssprüngen von 57% (PHEVs) und 11% (Hybride) an den reinen Stromern vorbei.
Schweizer kaufen mehr E-Autos und weniger Verbrenner
Im Einklang mit der weltweiten Wachstumsdynamik legte auch der Schweizer E-Auto-Markt zu. Er wuchs im ersten Quartal 2024 um 6% und stemmte sich somit gegen den Schweizer Gesamtmarkt, der um 3% schrumpfte. Grösster Treiber des Wachstums waren Hybridfahrzeuge, die 9% gewinnen konnten. PHEVs und BEVs verzeichneten ein Plus von jeweils 2%, der Absatz von Verbrennern ging um 12% zurück. Trotz der steigenden Verkäufe verlangsamte sich das Wachstum des E-Auto-Marktes allerdings leicht. So waren die Schweizer BEV-Absätze im ersten Quartal 2023 noch um 16% nach oben gegangen, PHEVs hatten ein Plus von 4%, Hybride sogar eines von 21% erreicht. Während der deutsche E-Auto-Markt derzeit kriselt, hält das Wachstum in anderen wichtigen europäischen Märkten ebenfalls an. In Frankreich legte der BEV-Absatz im Vergleich zum Vorjahresquartal um 23% zu, in Grossbritannien wurden 11% mehr BEVs verkauft. Mit insgesamt mehr als 84‘000 verkauften BEVs zog Grossbritannien an Deutschland als bisherigem Spitzenreiter vorbei. Durch den stotternden deutschen Markt sowie verhaltene BEV-Absätze in Spanien und Italien wurden in den fünf grössten europäischen Absatzmärkten Deutschland, Italien, Spanien, Grossbritannien und Frankreich insgesamt wieder mehr Verbrenner als Elektroautos verkauft.
«Die europäischen Autobauer stehen weiterhin von mehreren Seiten unter Druck. Einerseits lahmt die Elektrotransformation in wichtigen Heimatmärkten, gleichzeitig greifen die chinesischen OEMs genau dort an, was sich auch durch Zölle langfristig kaum verhindern lässt. Die europäischen Hersteller können also nur mit überzeugenden Fahrzeugen kontern. Gerade die deutschen Autobauer haben dabei inzwischen verstanden, dass sie nicht nur das Luxussegment verteidigen, sondern auch im hochvolumigen Einstiegssegment punkten müssen», sagt Thilo Bühnen, Automobilexperte bei Strategy& Schweiz. «Damit dieser Spagat gelingen kann, braucht es verlässliche Rahmenbedingungen. Nur so können die Unternehmen den Technologieübergang planen und meistern.»
Europa droht Handelsdefizit durch Batteriezellproduktion
Wichtigster Treiber der globalen Mobilitätswende bleibt unangefochten China. Laut Studie wuchs der gesamte E-Auto-Absatz mit 31% im ersten Quartal 2024 deutlich stärker als der Gesamtmarkt, der um 6% zulegte. Während reine Stromer ein Absatzplus von 15% verzeichneten, stiegen die Verkäufe von PHEVs um 77%. Auch in China stellen PHEVs somit für viele weiterhin die präferierte Zwischenlösung beim Umstieg Richtung E-Mobilität dar. Noch deutlicher zeigt sich dieser Trend beim Export. Die PHEV-Ausfuhren schossen um 160% in die Höhe, die BEV-Exporte stiegen um 7%, der Gesamtexport aller Antriebsarten wuchs um 33%. Das Exportwachstum ist eine Konsequenz aufgebauter Überkapazitäten. Während die Auslastung chinesischer Autowerke 2017 noch bei 62% lag, betrug sie 2023 nur noch 48%. Die chinesische Exportschwemme betrifft dabei nicht nur E-Autos, sondern auch Vorprodukte für die in Europa wachsende Batteriezellproduktion. So hat sich das Handelsdefizit der EU für Lithium-Ionen-Batterien zwischen 2018 und 2023 von 4,7 Mrd. auf 20,0 Mrd. US-Dollar mehr als vervierfacht. Als Konsequenz könnte Europa bei der Gesamtbetrachtung von Autoteilen und Batteriezellen bereits im kommenden Jahr vom Nettoexporteur zum Nettoimporteur werden und ein Handelsdefizit von 37,1 Mrd. US-Dollar aufweisen. Langfristig könnte sich dieses Defizit durch Batterierecycling und engere europäische Wertschöpfungsketten in der Batterieproduktion wieder entspannen.
«Wir beobachten, dass sich der Konkurrenzkampf in China kontinuierlich verschärft. Einerseits führt das zwangsläufig zu Konsolidierungen, andererseits beschleunigt der Wettbewerbsdruck technische Innovationen, die in der aktuellen Phase des Marktes unentbehrlich sind, um nach den First-Movern auch Kund:innen aus dem Mainstream für E-Mobilität zu begeistern. Schliesslich interessieren sich diese neben Umweltaspekten vor allem für Ausstattung, Zuverlässigkeit und den Preis», sagt Thilo Bühnen. «Die chinesischen Hersteller haben das erkannt und drängen mit LFP-Batterien auf den europäischen Markt. Die LFP-Batterien sind den Batterietypen, mit denen die europäische Konkurrenz arbeitet, zwar bislang in Sachen Ladegeschwindigkeit oder Wetterfühligkeit unterlegen, dafür aber deutlich günstiger. Durch Innovationen schliessen sie nun aber zu den teureren Batterien auf und werden dadurch vor allem für die unteren Segmente interessant. Bisherige Premiumhersteller wie BYD werden sich schon bald mit günstigen Stromern im europäischen Markt positionieren und die hiesigen Autobauer noch entschiedener herausfordern.»